Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit muß Kevin vom Platz. Seine Mannschaft spielt gegen den portugiesischen Meister und liegt mit 0:1 zurück. Auf den Offensivspieler wartet am Rande der Coachingzone der Trainer, der zum üblichen Handschlag einen Arm ausstreckt. Doch plötzlich: die ganze Welt hat es gesehen - Kevin blickt starr vor sich her, geht auf die Bank zu, hüllt sich in den blauweißen Termomantel und setzt sich. Die anerkennende Geste des Vorgesetzten wird nicht erwidert. Der Reporter von Thurn und Taxis ist empört. Wie immer, hat er sofort ein Beispiel mit einer großen Persönlichkeit: "Wenn er so etwas beim Huub Stevens gemacht hätte...!" Doch der gegenwärtige Schalker Trainer ist nicht Hub Stevens. Es ist "der Mirko", wie ihn der junge Schalker Torhüter nach dem Spiel beinahe zärtlich nennt. Und "der Mirko" wird seit mehreren Wochen von seinem obersten Vorgesetzten demontiert. Presse und Fernsehen machen artig mit: jeden Tag dieselben Fragen. An Mirko Slomkas Person interessieren nur noch die mimischen Variationen von Genervtheit und Hilflosigkeit und die sadistische Vorfreude auf die nächste verbale Ohrfeige. Und Kevin ist schlau - er weiß das. Niemals würde er einem Huub Stevens, Hitzfeld oder Klinsmann den Handschlag verweigern, wie uns Thurn und Taxis erklärt. Und ebensowenig würde er sich jemals gegen den Willen des Trainers selbst einwechseln, wie einst Netzer. Zu riskant. Den taumelnden Trainer darf er jedoch an dessen eigenem ausgestreckten Arm verhungern lassen. Eine sichere Sache. Und der FC Porto ist heute das bessere Team - da kann nichts schiefgehen. Für einige wenige Sekunden bekommt das Champions League-Drama den Charakter einer Begegnung in der C-Jugend, wo alles auf die ödipalen Kämpfe mit dem Trainer-Urhorden-Anführer ankommt. Keiner mag Mirko und deshalb darf man ihn erst recht brüskieren. Doch Thurn und Taxis traut sich nicht, das treffende Wort zu sagen - dieses seltsame englische Wort, das die infame Geste auf nüchternste Weise ins rechte Licht setzen würde. Nun - es ist auch nicht mehr nötig, denn heute Abend ist das Schicksal gerechter als bei der C-Jugend oder der Urhorde. Es ist auf Mirkos Seite. Schalke gewinnt das Spiel glücklich im Elfmeterschießen. Der Trainer ist erleichtert und umarmt nacheinander jeden seiner Spieler.
Donnerstag, 6. März 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen