Donnerstag, 5. November 2009

'Organische Verlogenheit'

„Neben dem bewußten Lügen und Fälschen gibt es noch das, was ‘organische Verlogenheit’ zu nennen ist. Hier erfolgt die Fälschung nicht im Bewußtsein, wie bei der gewöhnlichen Lüge, sondern auf dem Wege der Erlebnisse zum Bewußtsein, also in der Art der Bildungsweise der Vorstellungen und des Werte-fühlens. ‘Organische Verlogenheit’ ist überall da gegeben, wo den Menschen nur einfällt, was ihrem ‘Interesse’ oder was irgendeiner Einstellung der triebhaften Aufmerksamkeit dient und schon im Prozesse der Reproduktion und des Erinnerns in dieser Richtung inhaltlich modifiziert wird. Wer ‘verlogen’ ist, braucht nicht mehr zu lügen! Was beim konstitutiv Ehrlichen die bewußte Fälschung leistet, das leistet bei ihm schon der tendenziöse unwillkürliche Automatismus der Erinnerungs-, der Vorstellungs- und Gefühlsbildung. An der Bewußtseinsperipherie kann kann dabei die biederste, ehrlichste Gesinnung herrschen.
(Max Scheler, Das Ressentiment im Aufbau der Moralen, Frankfurt/M. 1978, S. 33 )

Sonntag, 18. Oktober 2009

Moskitorollos und Markisen

„[…] und alles was köstlich ist / siehet das Auge.“
(Hiob 28, 10)

Narren und Trommelsüchtige

„Das ist eben meine zweite Hölle […], daß ich so unzählige Narren, die wie Luftbetten nach jeder Erniedrigung sich selber wieder heben – die Billionen, die sich den ganzen Monat die Huldigungsgerüste selber bauen – die Repetieruhren, die es immer wiederholen, wie weit sie vorgerückt – alle die Trommelsüchtigen in tausend Dörfern, Gerichtsstuben, Expeditionsstuben, Lehrsälen, Ratsstuben und Kulissen und Souffleurlöchern, welche lustig schwellen können, ohne daß man ihnen mit dem Trokar einen tapfern Stich geben kann, das ist meine Hölle, daß ich so viele Windschläuche mir denken muß, denen ich nie beikommen kann, weil manche einen ganzen Erdmesser weit von mir liegen.“
(Jean Paul, Des Luftschiffers Gianozzo Seebuch [1801], in: Werke, Bd. 3, 4. Aufl., München 1980, S. 933f. )

Donnerstag, 8. Oktober 2009

2666

„Manchmal glaubte er, dass er nicht mehr las, weil er Atheist war. Nicht zu lesen war sozusagen die höchste Stufe des Atheismus oder zumindest des Atheismus, wie er ihn verstand. Wenn du schon nicht an Gott glaubst, wie dann an ein verdammtes Buch? dachte er.“
Roberto Bolano, 2666, München 2009, S. 668

Donnerstag, 10. September 2009

'In wundervoller Schärfe...'

„Er konnte nur sagen, daß er sich von dem, was er eigentlich hatte sein wollen, weiter entfernt fühlte als in seiner Jugend, falls es ihm nicht überhaupt ganz und gar unbekannt geblieben war. In wundervoller Schärfe sah er […] alle von seiner Zeit begünstigten Fähigkeiten und Eigenschaften in sich, aber die Möglichkeit ihrer Anwendung war ihm abhandengekommen; und da es schließlich, wenn schon Fußballspieler und Pferde Genie haben, nur noch der Gebrauch sein kann, den man von ihm macht, was einen für die Rettung der Eigenheit übrig blieb, beschloß er, sich ein Jahr Urlaub von seinem Leben zu nehmen, um eine angemessene Anwendung seiner Fähigkeiten zu suchen.“
(R. Musil - Der Mann ohne Eigenschaften, hg. v. Adolf Frisé, Hamburg 1952, S. 47)

Dienstag, 11. August 2009

HOT AGAIN!

Sa 22. August 2009
SUPER hoch 5 vs. Unique Records
zuerst Vernissage und danach Haus, Disco und andere schwungvolle Melodien
mit Hans Nieswandt (Köln)
Homewreckers DJ-Clique (Unique Records)
Tobias K (Goldkante, Bochum)

@Botschaft
Worringer Platz 4
(Nähe Hbf)
Düsseldorf

ab 20:00 Uhr



‘Wherever I Lay My Head...'















10.06.06, Platja d'es Caragol, Mallorca (Bal.)

‘All These Good Feelings'

Nach einem Jahr mit dreizehn Monden aber ohne einen einzigen eigenen Mix, mal wieder ein munteres Stündlein mit elf Kleinodien elektronischer Hintergrundmusik aus meiner Schatulle.




Sonntag, 5. Juli 2009

The Outback
































05.07.09, 7:03 a.m., Essen-Steele (Germany)

Donnerstag, 2. Juli 2009

Sonntag, 28. Juni 2009

VERY HOT!

4. Juli 2009
GLITZERBOX
@Kling Klong-Nacht
Disco und exaltierte Melodien
mit Thomas Geier a.k.a. Discocaruso (Heldenhouse, Radio Gruga) & Tobias K (Goldkante)

im Goethe Bunker
Goethestraße 67
Essen

0:00 Uhr
Eintritt: 10 €



Freitag, 12. Juni 2009

Mittwoch, 13. Mai 2009

Mittwoch, 6. Mai 2009

„Süße Blindheit“

Sehr sehr hübsch im Ray Mang-Edit aber das Original schlägt doch jegliches!


„Ligne de chance“

...die Szene aus Godards Pierrot le Fou im Pinienwald ist nicht die schönste aber doch sehr schön. Interessant auch, dass 37 Jahre vor Dick Cheney bereits über 'waterboarding' geredet wurde.


Donnerstag, 30. April 2009

Montag, 20. April 2009

Beste Band aller Zeiten...

Erzählt mir nix von irgenwelchen seltsamen neumodischen Hipster-Kapellen mit meinetwegen korrekten Polohemden , die Ihr aus irgendeinem Blog runtergeladen habt. Beste Band aller Zeiten sind Magazine! Ich weiß nicht, was ich hervorheben soll, deshalb mal "Permafrost" in der bekannten Youtube-Version. Das Sly Stone-Cover "Thank You For Letting Me Be..." gabs dort nicht...schade!

Freitag, 20. März 2009

Vom Schlafwandeln

„Es giebt einen Zustand des Menschen, der aber zu seiner Kranckheit gehört; da der Mensch seinen Cörper einstimmig mit den eingebildeten Chimairen bewegt. Der gelindeste Grad dieser Kranckheit ist, das Sprechen im Schlaf; stärckerer Grad dieser Kranckheit ist das eigentliche Nachtwandern, welches bey einigen so weit gegangen, daß sie sich an den Tisch gese[t]zt, und Abhandlungen verfertiget haben, die an sich sehr gut obgleich die Buchstaben unregelmäßig waren."
(I. Kant - Vorlesung zur pragmatischen Anthropologie, WS 1772/73, in: AA 25.1, S. 102)

Sonntag, 1. März 2009

„Sweet Power of Music“

Jessica
I am never merry when I hear sweet music.

Lorenzo
The reason is your spirits are attentive:
For do but note a wild and wanton herd
Or race of youthful and unhandled colts
Fetching mad bounds, bellowing and neighing loud,
Which is the hot condition of their blood, –
If they but hear perchance a trumpet sound,
Or any air of music touch their ears,
You shall perceive them make a mutual stand,
Their savage eyes turn’d to a modest gaze,
By the sweet power of music: therefore the poet
Did feign that Orpheus drew trees, stones, and floods,
Since naught so stockish, hard, and full of rage,
But music for the time doth change his nature, –
The man that hath no music in himself,
Nor is not moved with concord of sweet sounds,
Is fit for treasons, stratagems, and spoils,
The motions of his spirit are dull as night,
And his affections dark as Erebus:
Let no such man be trusted: – mark the music.
(Shakespeare - The Merchant of Venice, V, 1, 69-88)

Donnerstag, 12. Februar 2009

„...diese große, herrliche, einzige That.“

„Herrmann: Nein, sag’ ich Ihnen. Liebe, Vergnügen, Spiel – alles, alles ist mir zuwider, verächtlich, klein: ganz ein andrer Trieb lebt in mir: wie eine Flamme brennt er in meiner Brust: wenn Sie diesen Durst löschen können, dann sind Sie mein Freund.

Wilibald: Ich bin freilich ein schwaches Werkzeug in den Händen der Vorsicht; indessen wenn ich wüßte, was so eigentlich Ihr Wunsch und Begehren sey –

Herrmann: Nur eine That, eine Handlung, die meine Geburt auslöscht! O der Sohn eines Einnehmers [...] brennt mich Tag und Nacht wie eine Kohle in meinem Herze! Ich kann nicht ruhen, bis ich den Vorwurf rein ausgetilgt habe.

Wilibald: Wenn Sie das wünschen, so will ich Ihnen eine Handlung vorschlagen, die Ihnen bey Gott und Menschen Ehre bringen, eine That, die Ihren Namen durch alle vier Welttheile verbreiten, die Sie nach Jahrtausenden noch so berühmt machen wird wie alle Märtyrer und Heidenbekehrer: das Kind, das an der Mutter Brust liegt, wird Ihren Namen zuerst aussprechen lernen: der sterbende Greis wird ihn noch mit Dank und Ehrfurcht nennen: auf allen Kanzeln in Europa, Asia, Afrika und Amerkia wird Ihr Lob ertönen: Dichter und Redner in allen Sprachen der Christenheit werden Sie erheben: Ihr Bildniß wird in Sandstein und Marmor, in Kupfer, Erz, Gips, Wachs, Siegellack und Thon, in schwarzer Kunst, gestochen, geätzt, gemalt, als Büste, Kniestück und in Lebensgröße in allen Zimmern, Stuben und Kammern, unter venetianischen Spiegeln und an himmelblauen Brotschränken durch die ganze Welt zu finden seyn, man wird es an Uhren, auf Stockknöpfen und Dosen, in Ringen tragen, und nach Jahrtausenden werden sich noch Kenner und Antiquare über Ihre Nase zanken: Ihr Ruhm wird mit Himmel und Erde eine Dauer haben.

Herrmann: Und welches ist diese große, herrliche, einzige That?

Wilibald: Wir wollen die Berliner bekehren.

Herrmann stutzte und schwieg. Der Magister ließ seiner Verwunderung ein wenig Zeit und fuhr alsbald in seiner Rede pathetisch also fort:

‚Fromme Männer haben Boten ausgesandt, um beschnittne Juden und ungetaufte Heiden zu bekehren: fromme Männer haben sich zu einem so großen Endzwecke als Apostel gebrauchen lassen, haben mit Regen und Hitze, Sturm, Hagel, Donner und Blitz, mit rüttelnden Postwagen und ungeheuren Meereswellen gekämpft: bald sind ihnen die Schuhe, bald das Schiff, das sie trug, leck geworden: sie haben gefastet, gehungert und gedurstet, haben sich von den blinden Heiden Nasen und Ohren abschneiden, mit den Ohrläppchen an die Türen annageln, geißeln, sengen, stechen, braten, kochen und fressen lassen, um die Ungläubigen durch ihr Leben und Tod zu bekehren: aber niemand ist noch Apostel der Berliner geworden; und doch sind sie ungläubiger als Hottentotten und Malabaren, ohne Erkenntniß und Erleuchtung, Unwiedergeborne, Atheisten, Deisten, Sozinianer, ohne Glauben, eitel Sünder und Sündengenossen: sollte nicht uns die hohe Ehre aufgehoben seyn, diesen verirrten Haufen wieder auf den rechten Weg zurückzuführen? – Wir wollen es wagen: Bruder, laß uns muthig ihre Apostel werden und das Werk ihrer Bekehrung vollenden. Dann wird unser Ruhm von einem Ende der Welt bis zum andern erschallen.‘

Herrmann fand anfangs eine kleine Bedenklichkeit bei dem Vorschlage, oder vielmehr dieser Weg, Ruhm zu suchen, war seiner Ehrbegierde zu fremd, um ihn sogleich zu betreten: er wußte wohl, daß Männer durch edle, großmütige, gemeinnützige, muthige Handlungen, durch Patriotismus, durch wichtige Werke des Genies groß und berühmt geworden waren: aber daß man es durch Bekehrung andrer Menschen werden könne, davon sagte ihm alle seine Kenntniß und Erfahrung kein Wort. Er hörte also den Vorschlag innerlich und äußerlich ohne Beifall und Widerspruch an und versprach, ihn geheimzuhalten, welches sich der Magister sehr angelegentlich von ihm ausbat.“
(Johann Karl Wezel, Herrmann und Ulrike [1780], Heidelberg 1997, S. 296f. )

Freitag, 6. Februar 2009

„So kam ich nach Berlin..."

„So kam ich Ausgang Januars nach Berlin, und blieb da nur fünf Wochen. Ich hatte mich in meinen mitgebrachten Begrifen von dieser großen Stadt sehr geirrt. Das äußerliche viel schöner, das innerliche viel schwärzer, als ich mirs gedacht hatte. Berlin ist gewis[s] eine der schönsten Städte in Europa. Aber die Einwohner? – Gastfreiheit und geschmackvoller Genuß des Lebens – ausgeartet in Ueppigkeit, Praßerei, ich möchte fast sagen Gefräßigkeit. Freie aufgeklärte Denkungsart – in freche Ausgelaßenheit, und zügelosse Freigeisterei. Und dann die vernünftigen und klugen Geistlichen, die aus der Fülle ihrer Tugend und Moralischen Vollkommenheit, Religion von Unverstand säubern, und dem gemeinen Menschen-Verstande ganz begreiflich machen wollen! – Ich erwartete Männer von ganz außerordentlicher Art, reiner, edler, von Gott mit seinem hellen Lichte beleuchtet, einfältig und demüthig – wie Kinder. Und siehe da, ich fand Menschen wie andre; und was das ärgste war, ich fand den Stolz und den Dünkel der Weisen und Schriftgelehrten. Ists nicht also, daß die Weisen mit sehenden Augen nicht sehen, und mit offenen Ohren nicht hören? Spalding hat mir noch am besten gefallen. Nicolai; ein angenehmer Gesellschafter, ein Mann von Kopf, freilich von sich etwas eingenommen. Engel, ein launisches, aber sehr gelehrtes Geschöpf munter u[nd] denn wieder ganz still, wie alle Hypochondriker. Ramler, die Ziererei, die Eigenliebe, die Eitelkeit, in eigner Person. […] Die französische Akademie? Laßen Sie mich den Staub von meinen Füßen schütteln und weiter gehen.“

„An das schöne Geschlecht mag ich dort garnicht denken. War es je irgendwo allgemein verderbt, so ists in Berlin, wo Eigenliebe d.i. Coquetterie zuhause ist wie in Paris, wo der Ton der guten Gesellschaften auf eben solche fade abgeschmackte Wizelei und Complimenten, und auf das Unaufhörliche ersinnen der sogenannten jolis riens gestimmt ist, wo garnichts gedacht, und außer der gröbsten Wollust, garnichts gefühlt wird.“
(Georg Forster an F. H. Jacobi, 23. u. 26. April 1779)

Mittwoch, 4. Februar 2009

Homewreckers - The Other Side Of Town

Die Homewreckers sind ein Trio mit Musikern aus Berlin, Gelsenkirchen und Düsseldorf. Nach einigen tollen Maxis, wurde neulich endlich das erste Album American Ruhr bei Unique Records veröffentlicht. Es ist wirklich sehr großartig! Demnächst gibt's auch einen Mike Huckaby-Remix.