Mittwoch, 24. September 2008

„…was für ein Strohm von Thränen…!“

„Ach lieber, was Rath für mich, dass ich zu dir lange mit meiner Hand, mit meinem Blick? – Wort aus dem Herzen, du beklemmst nur noch mehr das Herz! – Aber du, mein Herz, was willst du? Bist ja nicht geängstiget, bist ja nicht traurig, liebst ja, bist ja seelig; so sey dann ruhig.
    Auf u[nd] ab geh’ ich nun wieder auf eben dem Boden, zwischen eben den Wänden u[nd] Thüren, wo ich zuerst dich lieb gewann; wo ich, nach unserer ersten Trennung dich – nicht widerfand; wo ich in tiefer Verstummung wandelte, dir nachsann, der Liebe pflegte im eigensten Innern meiner Seele; wo ich bald darauf Wiedersehen hoffte – vorauskostete – ahndete: – – und das all nun erfüllt! Ich bin so glücklich! – – Gott, was für ein Strohm von Thränen da aus meinen Augen brach! – Wie wohl, wie Weh!“

(F. H. Jacobi an Goethe, 10. März 1775)

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